Tachinieren, aber richtig

Slow Living

“Seht die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“

Carpe diem ist ein Lebensmotto, genau heißt es: „Carpe diem, quam minimum credula postero.“ – „Pflücke den Tag, und vertraue möglichst wenig auf den folgenden!“. Die calvinistischen Preußen machten daraus, ein: „Nütze den Tag“, als ob sich jeder wie Benjamin Franklin fragen solle, ob er auch hart und vor allem profitabel genug gearbeitet habe.

Faulenzen, Genuß, gutes Leben, nur so viel tun, was einem bekommt, in den Tag hinein tachinieren, nach dem eigenen Rhythmus leben - all das läßt der kapitalistische way of life nicht zu. Der römische Dichter Horaz meinte mit Carpe diem nicht, dass wir immer mehr aus seinem Tag herausholen, sondern umgekehrt: Wir sollten die knappe Lebenszeit ausschöpfen und damit nicht erst auf den nächsten Tag warten, weil das Leben morgen schon vorbei sein könnte. Koste das Leben und den Moment aus! Lebe im Hier und Jetzt, funktioniere nicht, sondern arbeite um zu leben, aber lebe nicht, um zu arbeiten. Das ist des Tachinierers erste Erkenntnis.